Liebe

StarWars-Hasser!

 

Liebe Star-Wars-Hasser……

 

Als vor ein paar Jahren zum allerletzten Mal ein neuer Star-Wars-Film ins Kino kam, rannten eine Milliarde großer Jungs ins Kino. Eine Milliarde Freundinnen werden erneut den Kopf schütteln und sagen: „Ich weiß nicht, was du daran findest.“ Liebe weibliche und männliche Star-Wars-Hasser: Bitte lest diesen Text, bevor der Streit wieder losgeht. Text: Marc Deckert

 

Vorwurf 1: Star Wars ist seelenloses Effektkino

Liebe Star-Wars-Hasser, ihr seid nicht gerade eine Avantgarde: Bereits als der erste Star-Wars-Film ins Kino kam – vor fast 30 Jahren – schimpften Kritiker über dieses seelenlose neue Kino, in dem es nur noch um Geschwindigkeit, Effekte und Technik gehe. Natürlich wussten sie da noch nicht, dass es einmall Actionfilme wie „XXX“, „The fast and the furious“ oder „Charlie´s Angels 2“ geben würde. Im Vergleich dazu sehen die ersten Star-Wars-Filme heute wie liebevolle Vertreter des klassischen Abenteuerfilmes aus. Mit Charakteren, die eine Entwicklung durchmachen. Mit einer linearen Geschichte. Und vor allem mit einer emotionalen Beteiligung des Zuschauers. Wenn in einem neuen Actionfilm nach einer Stunde der Held (Vin Diesel) abkratzt, freut man sich über die überraschend postmoderne Wendung. Als damals Han Solo (Harrison Ford) in eine Eiskammer gesperrt und eingefroren wurde, kamen uns dagegen die Tränen. Also bitte, liebe Star-Wars-Hasser: Sagt nicht, unsere Gefühle seien wertlos.

 

Vorwurf 2: Die Story von Star Wars ist albern, kindisch und flach

Je länger die alten Star-Wars-Filme zurückliegen, desto weniger schat man auf die Tricks und desto leichter wird es, ihren eigentlichen Kern zu sehen. Es mag für euch Star-Wars-Hasser völlig verrückt klingen, aber diese Filme leben wie kaum ein anderer Kinostoff vor allem von der Geschichte. Das behauptet nicht einfach irgendein Fan, sondern der einflussreichste Mythenforscher unserer Zeit. Für sein erstes Buch „The Hero with a Thousand Faces“, das 1949 erschien, untersuchte der amerikanische Gelehrte Joseph Campell klassische Geschichten von Helden, Rittern und Drachentötern, den deutschen Siegfried ebenso wie die Artussage, die griechischen Argonauten, die Sagensgestalten der Skandinavier, die Mythen des Fernen Ostens. Irgendwann erkannte Campell: „Die Hauptmotive der Mythen sind die gleichen und werden immer die gleichen sein.“ Er ging aber noch weiter und entwarf ein klassisches Erzählmuster, „ die Reise des Helden“, von dem er glaubte, das es fast alle Völker der Erde kennen und verstehen. George Lucas schätzte das Buch so sehr, dass er Campell eine Privatvorführung organisierte- und prompt bescheinigt bekam, alles verstanden zu haben.

 

Vorwurf 3: Ich würde mir das ja schon ansehen, aber ich finde eh keinen Einstieg.

Das Besondere an klassischen Mythen ist ihre Universalität. sie sind verständlich, unabhängig von ihrer Zeit und Kultur. George Lucas hat einmal erklär, dass er sich anfangs große Sorgen machte, sein erster Star Wars könnte zu durchgeknallt und fremdartig wirken. Ein Megaflop schien in Reichweite. Aber dann erinnerte er sich an die Samuraifilme seines Lieblingsregisseurs Akira Kurosawa und er begriff: Man muss nicht jedes Detail verstehen Es geht nur darum, dass die Details in sich stimmig sind: „Man wirft sich einfach in diese Welt hinein wie ein Anthropologe. Man beobachtet einfach.“

Vorwurf 4: Star Wars ist Science-Fiction und das interessiert mich nicht

Liebe Star-Wars-Hasser, hier wollen wir ausnahmsweise penibel sein: Man kann sich darüber streiten, ob Star Wars überhaupt Science-Fiction ist, denn die Filme spielen ja in der Vergangenheit: „A long time ago in a galaxy far, far away.“ Nahezu jedes Design-Element der Filme stammt ebenfalls aus der Vergangenheit. Helme und Kleidung aus dem feudalen Japan, Pistolenhalfter und Saloons aus den Western, Fliegerduelle aus dem zweiten Weltkrieg und goldene Roboter aus dem Art déco der 20er. All das muss man eigentlich gar nicht wissen. Man erkennt es eher unbewusst und emotional. Deswegen ist Star-Wars keine Science-Fiction, sondern eine Gattung für sich. Die Filme spielen in einer zeitlosen Ewigkeit, aber sie veralten auch auf eine angenehme Weise. Die ersten beiden Filme sind ein bisschen wie guter Wein. Nur die neuen Episoden altern wahrscheinlich eher wie die Leberwurst.

 

Vorwurf 5: Star Wars hat nichts mit dem Leben zu tun

Es wäre ziemlich dumm, einem abstrakten Gemölde vorzuwerfen, dass es nichts mit dem Leben zu tun hat. Komischerweise wird es bei anderen Kunstwerken immer noch gemacht. Natürlich ist George Lucas kein Autorenfilmer, der extrem persönliche Geschichten erzählt. Er ist ein digitaler Bilderdesigner und Mythensampler. Zugegeben, manchmal fehlt in Star Wars das Leben: Den neuen Episoden fehlt der Charme, der Held (Anakin) interessiert nur begrenzt und selbst Nathalie Portman konnte uns bislang kaum versöhnen. Allerdings kann es passieren, dass einem mitten in einer drögen Schlacht auffällt, wie schon die Farben einer rötlichen Wüstenlandschaft leuchten. Und ein Lichtschwertduell im Dunkeln erinnert plötzlich an die reinen Farborgien, von denen abstrakte Maler schon in den 20er Jahren träumten. Star Wars ist kein irisches Familiendrama und kein armenisches Abtreibungsepos. Get real!